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Delegationsreise nach Myanmar
Hintergrund der Delegationsreise war die sich im Umbruch befindene politische Lage Myanmars (ehemals: Birma) und hier speziell die Lage politischer Parteien, Minderheiten und Medien sowie die wirtschaftliche Entwicklung im Land. Erst seit zwei Jahren findet in dem von 1962 bis 2011 von einem Militärregime mit harter Hand regierten Land ein Demokratisierungsprozess statt. Die Opposition ist erst seit den Wahlen 2010 wieder im Parlament vertreten. Sie besteht aus Parteien nationaler Minderheiten sowie der von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi geführten NLD (Nationale Liga für Demokratie). Der erste zivile Regierungschef seit 1962 und Ex-General Thein Sein steht in engem Dialog mit internationalen Organisationen und der Opposition, wobei die Verfassungsreform von 2008 dem Militär noch immer rund 25% der Sitze im Parlament garantiert.
Aufgrund der vorwiegend positiven Entwicklungen und der Öffnung des Landes hob die EU die Sanktionen gegenüber Myanmar weitestgehend auf. Das Land erfährt großes internationales Interesse, weshalb sowohl die USA als auch die EU Investitionen und einen vertieften Handel beabsichtigen.
Der gesellschaftliche Umbruch brachte Verbesserungen bei Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, ein Großteil der politischen Gefangenen wurde freigelassen und einige bewaffnete Konflikte mit Minderheiten im Land konnten mit Waffenstillstandsabkommen beigelegt werden. Die Gespräche mit nationalen Ministerien und Parteien, deutschen und EU-Diplomaten, NGO- und Pressevertretern sowie Angehörigen von nationalen und internationalen Organisationen ergaben, dass dem Land trotz oder gerade wegen der neuen Freiheiten große Herausforderungen bevorstehen. Zwangsarbeit und Enteignungen sowie weitere Verstöße gegen die Menschenrechte existieren noch immer. Zudem besteht die Gefahr, dass vom Militärregime lange unterdrückte Konflikte nun offen zutage treten. Beispiele sind die blutigen Zwischenfälle in der Provinz Rakhine, bei denen die muslimische Minderheit der Rohingya seit Mitte 2012 mit Gewalt von der buddhistischen Mehrheit der Rakhine verfolgt werden oder der bewaffnete Konflikt zwischen Regierungstruppen und den christlichen Kachin, die im Norden des Landes autonom den Kachin-Staat bevölkern.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist durchwachsen. Zwar herrscht Hochkonjunktur mit einem Wachstum von 5,5 %, jedoch liegt die Unterbeschäftigung bei einer Inflationsrate von 4,2% bei mindestens 30 %. Der Agrarsektor ist wenig produktiv und der Außenhandel vorwiegend rohstoffbasiert. Mit Infrastrukturprojekten und dem Ausbau der Erdgasförderung soll eine Intensivierung des Außenhandels erreicht werden.
Die Fortschritte sind groß, die innergesellschaftlichen Probleme bestehen aber teils weiter. Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wird sich im Falle eines Wahlsiegs bei den Parlamentswahlen 2015 auch daran messen lassen müssen, inwieweit sie die Minderheitenkonflikte beilegen kann. Alte Lorbeeren, wie die Popularität ihres Vaters (Nationalheld Aung San) reichen für diesen schwierigen Weg in die Zukunft nicht. Die Opposition muss sich dringend zukunftsfähige Strategien für die Menschen im Land erarbeiten. Wir sollten dem Land und vor allem der aktuellen Regierung eine Chance geben, Myanmar langsam zu entwickeln. Die langjährigen Versäumnisse durch die Militärherrschaft können nicht von heute auf morgen aufgeholt werden.
April 2014
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