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Ehemaliger Praktikant von Elisabeth Jeggle im US Kongress

Als ich am 7. Januar 2009 nach Washington, D.C. aufbrach, wusste ich noch nicht, dass mich die wohl spannendste Zeit meines bisherigen Lebens erwarten würde. Ich hatte über die Organisation „Humanity in Action“ die Möglichkeit bekommen, ein viermonatiges Praktikum im Büro eines Abgeordneten des US Kongresses zu absolvieren. Diese Gelegenheit wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Das lag auch insbesondere daran, dass ich während meiner sieben Monate im Büro von Frau Jeggle Spaß an der parlamentarischen Arbeit gefunden hatte und nun die Chance bekam, meinen Horizont zu erweitern. Das Wissen um die Arbeitsprozesse in einem demokratischen Parlament, das ich mir in Frau Jeggles Büro angeeignet hatte, halfen mir bei meinem Praktikum in Washington enorm.

Der Abgeordnete, für den ich am 27. Januar 2009 die Arbeit aufnahm, kommt aus dem US Bundesstaat New Mexico und war am 4. November 2008 zum ersten Mal in das Repräsentantenhaus gewählt worden. Ben Ray Luján, der hispanische Wurzeln hat, ist ein progressiver Demokrat, dessen Arbeitsschwerpunkte auf der Förderung erneuerbarer Energien und der Schaffung einer staatlichen Gesundheitsvorsorge liegen. Sein Wahlkreis ist etwa halb so groß wie die Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb hat Rep. Luján neben seinem Kongressbüro noch sechs Wahlkreisbüros. In seinem Washingtoner Büro arbeiten insgesamt neun bis zehn Personen: Seine Büroleiterin Angela Ramirez, sein Gesetzgebungsdirektor Andrew Jones, seine beiden Gesetzgebungsassistenten Terri Nicole Baca und Aaron Trujillo, seine Wahlkreisreferentin Linda Serrato, sein Pressesprecher Mark Nicastre, sein Terminkoordinator Chris Garcia, der Praktikantenkoordinator Danny Maki und mindestens zwei Praktikanten.

 

                          Rep. Ben Ray Luján und Ich

Meine Aufgaben im Büro von Rep. Luján waren vielfältiger, als ich es erwartet hatte. Am ersten Tag kam ich um neun Uhr morgens zum ersten Mal ins Büro, um 9.02 Uhr hatte ich mich bei allen vorgestellt, um 9.04 Uhr hatte ich gelernt, wie das Telefon funktioniert und um 9.05 Uhr hatte ich den ersten besorgten Neu-Mexikaner am anderen Ende der Leitung. Aber die Betreuung des Telefons blieb nicht die einzige Aufgabe. Während meiner Zeit in Washington durfte ich mich weitestgehend selbstständig um die außenpolitischen Angelegenheiten des Abgeordneten kümmern und mich dabei mit Menschen aus der ganzen Welt treffen. Während meiner ersten beiden Monate, in denen die Wahlkreisreferentin noch nicht angestellt war, durfte ich deren Aufgabe übernehmen und Antwortschreiben auf die Unmengen von Briefen und E-Mails verfassen, die jeden Tag im Büro eintrafen. Ich besuchte Briefings und Ausschusssitzungen und verfasste Memos für den Abgeordneten. Ich lernte in einem zweitägigen Unterricht alles über den Kongress und seine Geschichte und gab den Menschen, die uns aus New Mexico besuchten, Touren durch das Kapitol. Während dieser Rundgänge kam ich mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch.

 Trotz aller Arbeit fand der Höhepunkt meines Aufenthalts am 20. Januar statt, als Barack Obama als 44. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wurde. Ich stand dazu um 4 Uhr nachts auf und fand mich um 5.30 Uhr bei klirrender Kälte dick eingepackt auf dem Rasen der National Mall im Herzen Washingtons wieder. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich noch sechs Stunden auszuharren, bis die Zeremonie begann. Es waren sehr lange sechs Stunden. Trotzdem wurde ich damit belohnt, bei einem der geschichtsträchtigsten Momente der US Geschichte dabei zu sein und ich bereue die Mühe nicht.

Menschenmassen bei der Amtseinführung von Präsident Obama

Wo liegen die Unterschiede zwischen Brüssel und Washington? Diese Frage ist in manchen Bereichen leicht zu beantworten. Beispielsweise hat ein Kongressabgeordneter deutlich mehr Ressourcen zur Verfügung als ein Europaabgeordneter. Das fängt bei der Größe des Büros an, geht über die Anzahl der Mitarbeiter bis hin zu den zahlreichen Dienstleistungen der Kongressbibliothek. Das hängt wiederum damit zusammen, dass ein Kongressabgeordneter einen größeren Wahlkreis und mehr gesetzgeberische Kompetenzen hat. Es führt aber auch dazu, dass ein Europaabgeordneter viel mehr selbst machen muss als ein Kongressabgeordneter.

Die Beteiligung der Bürger am politischen Prozess ist in Washington direkter und intensiver als in Brüssel. Es verging in Washington kein Tag, an dem sich nicht hunderte von Menschen am Telefon über alle möglichen Themen beschwerten. In Europa wenden sich die Menschen natürlich zuerst an ihre nationalen Parlamente, bevor sie in Brüssel anrufen. Bei vielen Themen ist das auch gerechtfertigt, da das Europäische Parlament in vielen Bereichen keine Gestaltungsmacht besitzt, während in den USA jedes politische Thema am Kongress festgemacht werden kann. 

Wenn es schwierig ist, sich im Europäischen Parlament zurecht zu finden, dann ist es im US Kongress unmöglich. Erst nachdem ich mein Tourtraining genommen hatte, fand ich meinen Weg durch den Irrgarten des US Kongresses. Das Gelände auf dem Capitol Hill ist so weitläufig, dass unterirdisch eine Bahn zwischen der Senats- und Repräsentantenhausseite verkehrt und die Abgeordneten zu den Abstimmungen bringt. Botengänge können so zu kleinen Reisen werden.

 

                       Elisabeth Jeggle (MdEP) und Ich

 Sowohl meine Zeit in Brüssel als auch meine Zeit in Washington waren einzigartige Erfahrungen, die mich nachhaltig geprägt haben. Die Praktika haben mich in meinem Ziel bestärkt, nach meinem Studienabschluss in einem parlamentarischen Umfeld arbeiten zu wollen. Die Praktika haben mich auch gelehrt, dass die USA und die EU, bei allen Unterschieden, aufeinander angewiesen sind. Zum größten Teil sind die Werte der USA mit jenen Europas deckungsgleich. Deshalb ist es unerlässlich, die transatlantischen Beziehungen zu pflegen und auszubauen. Nicht nur auf exekutiver, sondern auch auf legislativer Ebene.  



 
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