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Rettungsschirme sind nicht allein zur Rettung von Banken geschaffen worden

Der Euro wird zehn Jahre alt. Mittlerweile muss die gefeierte Währung weniger gefeierte Staaten stabilisieren und damit stützt der deutsche Steuerzahler Griechenland mit. SZ-Redakteur Axel Grehl hat die hiesige Europa-Abgeordnete Elisabeth Jeggle (CDU) zum Euro und zum Nutzen Europas für den Landkreis Biberach befragt.

SZ: Der Euro feiert seinen zehnten Geburtstag. Feiern Sie mit? Oder sind Sie enttäuscht, dass man eine so junge Währung schon stützen muss?

Jeggle: Die vergangenen zehn Jahre waren für Wirtschaft und Wohlstand in Deutschland insgesamt eine gute Zeit, und der Euro hat dazu beigetragen. Er ist sogar stabiler als die gute alte D-Mark: Die hatte im Durchschnitt ihrer letzten zehn Jahre eine Inflationsrate von 2,1 Prozent, der Euro in seinen ersten zehn Jahren hingegen nur 1,6 Prozent. Das ist der Binnenwert des Euro. Der Außenwert: Am 1. Dezember 2002 kostete der Euro 0,9944 Dollar, neun Jahre darauf 1,3360 Dollar.

Ist der Euro also aus Ihrer Sicht eine Erfolgsgeschichte?

Am Beispiel des Schweizer Franken sieht man, dass auch nationale Währungen heute nicht unabhängig voneinander bestehen. Hätten wir heute noch die D-Mark, wäre sie zu einer Fluchtwährung geworden ähnlich wie der Franken. Sogar der hat seinen Kurs an den Euro gebunden, um nicht wegen zu starker Aufwertung seiner Wirtschaft zu schaden. Man sollte nicht vergessen, dass auch die D-Mark wegen ungünstiger Wechselkurse sehr unter Druck geraten konnte. Von außen betrachtet sehe ich, dass der Euro auch jetzt in der Schuldenkrise stabil ist.

Wie kann Europa zusammenwachsen, wenn einzelne Länder – aktuelles Beispiel Großbritannien – vorrangig ihre Einzelinteressen wahren wollen?

Ich erinnere daran, dass ein Land aus der Europäischen Union austreten kann. Das ist im Lissabonvertrag festgeschrieben. Selbstverständlich kann keine Gemeinschaft bestehen oder gar tiefer werden, wenn einzelne Staaten auf ihren Einzelinteressen bestehen und Sonderregelungen fordern. Wer Vorteile annehmen möchte, sollte auch bereit sein, Verpflichtungen einzugehen – Geben und Nehmen. Was Großbritannien angeht: Sicher gibt es dort eine große Anzahl von Europa-Skeptikern. Die sind so laut, dass sie die Mehrheit übertönen. Aber es ist nicht der Lärm, der entscheidet, sondern das nüchterne Abwägen von Vor- und Nachteilen der Mitgliedschaft in der Europäischen Union.

Erklären Sie den Menschen im Landkreis Biberach, warum sie nicht nur als Steuerzahler für Rettungsschirme da sind, sondern von Europa profitieren?

Die Mechanismen der Rettungsschirme sind nicht allein zur Rettung von Banken und überschuldeter Staaten geschaffen worden. Auch Deutschland hat schon zur Zeit der Regierung Schröder-Fischer begonnen, sich übermäßig zu verschulden. Banken haben darunter gelitten, dass sie Anleihen gekauft haben von Staaten, die für diese Anleihen jetzt nicht mehr geradestehen können. Den Banken ist deswegen kein Vorwurf zu machen, weil Staatsanleihen nicht nur politisch, sondern auch rechtlich als vollkommen sicher gelten und Teile des Eigenkapitals sind. Stimmt das Eigenkapital nicht mehr, kann eine Bank weniger Kredite vergeben. Das trifft zuerst den Mittelstand, die stärkste Säule der Wirtschaft auch im Landkreis Biberach. Er ist es auch, der die meisten Arbeitsplätze schafft. Deshalb hilft eine Stabilisierung der Banken ganz konkret auch unseren Betrieben.

Wie „schwäbisch“ sind Sie bei Ihrer Arbeit im Europäischen Parlament?

Ich bin fest in meiner Heimat verwurzelt. Aber ich bin gleichzeitig weltoffen. Ich freue mich, dass ich mit sehr vielen verschiedenen Menschen aus so vielen anderen Ländern zusammenkomme, zusammen arbeiten kann; und für die Aufgaben, die ich übernommen habe, nehme ich meine Verantwortung sehr ernst.

Wie wird Ihre Arbeit Ihrer Meinung nach in der Heimat wahrgenommen?

Überwiegend positiv. Doch ich würde mir wünschen, dass vor allem die Medien noch mehr Interesse für die europapolitische Arbeit zeigten, vor allem dem Anteil des Europäischen Parlaments an der Gesetzgebung viel mehr Aufmerksamkeit widmeten und kontinuierlich berichteten.

Welche Impulse werden im kommenden Jahr von Europa, auch nach Oberschwaben, ausstrahlen?

Alle gesetzgebenden Aktivitäten in den Bereichen Binnenmarkt, Umweltschutz im weitesten Sinn, Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums, Verkehrspolitik und Wettbewerbsrecht wirken unmittelbar auf unser Leben auch im Landkreis Biberach. Auch alle Prozesse der Konsolidierung und Vertiefung, des Schuldenabbaus, Stärkung der Wirtschaftskraft – alles hat direkte Auswirkungen auch auf unsere Region. Meine Aufgabe ist, nach Kräften dafür zu sorgen, dass es möglichst positive Auswirkungen sind.



 
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